Donnerstag, 13. August 2015

La Rochelle, 13.8.2015

Seit Dienstag bin ich hier in La Rochelle gestrandet. Im Moment muss ich besseres Wetter abwarten, für Freitag sind Sturmwinde bis 7 Bf angesagt, mit entsprechendem Seegang, was in der Biskaya sofort sehr gefährlich wird, da sich dieser nach Süden noch stärker auftürmt.
Zuerst noch kleine Ergänzungen zur Ile d'Yeu: wer an motorisierten Antiquitäten interessiert ist, kommt dort auf seine Rechnung. Die Strassen sind voll von rostigen Überbleibseln der französischen Autoindustrie, vor allem 2 CV's mit fehlenden Kotflügeln und mit Bindschnüren gesicherten Türen, daneben oft auch R4 und andere Fahrzeuge aus den 60-igern. Sonst aber gehört die Insel den Velofahrern. Ich habe dort auch ein freundliches deutsches Ehepaar aus Duisburg kennen gelernt. Sie sind schon lange mit einer Hallberg Rassy unterwegs, welche sie einem Genfer abgekauft haben. Sie sind bereits einmal in 4 Jahren rund um die Erde gesegelt. Wir haben bei einem Glas Wein einen unterhaltsamen Abend verbracht. Am Montag fuhr ich nach Les Sables d'Olonne weiter. Dies ist der Starthafen für die wohl härteste Einhandregatta rund um die Welt (Vendée-Globe), bei welcher unser Schweizer Bernard Stamm auch schon Lorbeeren geholt hat. Sonst hat die Stadt nicht viel zu bieten, bis auf eine ausgezeichnete Infrastruktur und schöne Hafenbeizli. Da sich die Wetterprognose verschlechterte, wollte ich aber rasch weiter und erreichte mit einem grossen Schlag von 45 NM am späten Nachmittag des Diensttages La Rochelle. Den zuerst geplanten Stopp auf der Ile de Ré liess ich weg, was im Rückblick nicht nötig gewesen wäre. Dafür besuchte ich gestern diese Insel mit dem Velo. Auch La Rochelle ist sehr velofreundlich eingerichtet. Es gibt sogar einen speziell eingerichteten Bus, der die Stadt mit der Ile de Ré verbindet, hinten mit Veloraum und vorne mit Sitzplätzen, 1.30 Euro eine Fahrt! Diese führt über eine lange, hohe und geschwungene Brücke über einen Meerarm. Die Insel selber ist sehr touristisch, hat aber trotzdem den schönen Charakter bewahrt, welchen ich von meinem ersten Besuch vor 45 Jahren in Erinnerung hatte. Ich habe auch die Stelle sofort wieder erkannt, wo ich damals ein kleines Aquarell herstellte. Der Tag war heiss und schwül, in der Nacht entleerte sich ein heftiges Gewitter, welches ich wohlig in meiner Koje über mich ergehen liess.
La Rochelle mit seinen berühmten Türmen in der Hafeneinfahrt hat eine wechselhafte Geschichte. Tragisch endete für sie die Belagerung durch die königlichen Truppen. Sie wurde als letzte Festung der Hugenotten nach einer langen Belagerung eingenommen (der Roman les trois Musquetaires handelt davon) und die Verteidiger umgebracht oder vertrieben. (wie viele Millionen Menschen wurden wohl in den letzten tausend Jahren im Namen des Christentums weltweit umgebracht? Die Opfer des islamistischen Terrors von heute, nehmen sich bei diesem Vergleich fast bescheiden aus!). Viele dieser Hugenotten flüchteten damals in die Schweiz und brachten die Basis für unseren heutigen Wohlstand mit Uhrenindustrie und Chemie. Glücklicherweise gab es damals keinen Blocher, sonst wären sie wohl nach Süddeutschland und weiter in den Osten weiter gezogen! Die beiden Türme dienten dem Schutz des Hafens. Zwischen ihnen konnte eine Kette gespannt werden, welche den Schiffen die Einfahrt verwehrte. Ich selber liege mit dem Schiff etwas ausserhalb des Zentrums in einer riesigen Marina mit über 3000 Liegeplätzen. es besteht aber eine Schiffsverbindung zur Stadtmitte, sodass ich den Weg nicht zwingend zu Fuss gehen muss. Der alte Hafen wäre zwar auch für Gäste offen, aber ohne geeignete Infrastruktur, was bei einem mehrtägigen Aufenthalt nachteilig wäre.
So versuche ich nun, mir die Zeit meines Zwangstopps zu vertreiben, und hoffe, dass ich am Samstag die nächste Etappe in Angriff nehmen kann!

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