Sonntag, 3. Juni 2012


Saint Peter Port, Guernsey, 2.6.2012. Mit relativ grossen Etappen bin ich gestern wohlbehalten auf den Kanalinseln angelangt und habe den Union Jack an der Steuerbordsaling montiert. eigentlich wäre auch die Q-Flagge verlangt gewesen, die Port Control hat aber nichts gesagt. Dass ich auf britischem Territorium  bin würde ich auch als Gehörloser feststellen. Man sieht es an der unpassenden Kleidung der Frauen und an den unförmigen Fettleibern der Männer.

Nach Le Havre steuerte ich als nächsten Hafen Courceulles an, und befand mich nun mitten im Landungsgebiet der Alliierten, am Juno-Strand. Überall erinnern Gedenktafeln und Statuen an das Ereignis. die Spuren des deutschen Atlantikwalls sind allgegenwärtig, aber auch die Überreste der improvisierten Häfen der Alliierten, die sogenanntem Mullberry-Caissons. Am nächsten Tag galt es wieder rechtzeitig um 0715 h den Hafen zu verlassen, da dies nur 2 Stunden vor oder nach Hochwasser möglich ist. Das Meer war spiegelglatt, kein Hauch eines Windes. So war ich zu eintönigem Motoren verurteilt. etwa zwei Stunden vor dem Ziel stellte ich plötzlich ein Abnehmen der Motorenleistung fest. ich schaffte es zwar in den Hafen, machte mir aber natürlich allerlei Gedanken über die Ursache der Störung. War es der Dieselfilter, das Getriebe, der Propeller? Im Hafen war es rasch klar. Seegras, welches durch die Bodennetze der Fischer ausgerissen wird, hatte sich um den Propeller gewickelt. Ich war erleichtert, obwohl ich mir das erste Bad im Meer etwas romantischer als bei 17° im öligen Hafenbecken vorgestellt habe. Saint Vaast ist ein schönes Fischerdorf, den sonnigen Abend verbrachte ich nach einer ausgiebigen Dusche bei einem guten Nachtessen. Am nächsten Tag hatte ich etwas mehr Zeit und musste erst um 0900 h zum Ausfahren bereit sein. Bei guter Strömung und mässigem Wind aus West kam ich vorerst Nutzer Segel gut voran. Kaum aber hatte ich das erste Kap umrundet, erfassten mich höhere Wellen und Wind von vorne. ein erstes Reff war bald eingebunden, dann aber zeigte es sich, dass ich den Kurs nicht mehr einhalten konnte. also wieder Motor. Zu meinem Schrecken versagten zur gleichen Zeit GPS und AutoPilot den Dienst. Immer, wenn ich den AutoPilot auf die gewünschte Richtung einstellte, fuhr er in eine ganz andere Richtung. ich stellte mich schon darauf ein, im nächsten Hafen einen Ersatz zu suchen, da kam mir die Idee, dass der eingebaute Kompass verklemmt sein könnte. ich schüttelte deshalb das Gerät einmal richtig durch, und siehe da, seither funktioniert er wieder einwandfrei, glücklicherweise, wie es sich am folgenden Tag weisen sollte. Auch das GPS-Gerät hatte sich aus unerfindlichen Gründen verstellt und war nach einigen Versuchen auch wieder einsatzfähig. Dies alles auf offenem Meer und meterhohen Wellen war aber nicht so gemütlich. Der nächste Hafen war Cherbourg, wo ich meine Holländer, Wim und Anja wieder traf. sie hatten mehr Pech mit einem Fischernetz-Rest im Propeller. Per Funk forderten sie in Dieppe für die Hafeneinfahrt Hilfe an. Es wurde ihnen am Funk die Summe von 150 Euro genannt. eigentlich schon eine stattliche Summe. Die Schlauchbootbesatzung zeigten ihnen dann aber eine Tafel mit 350 Euro, was sie dankend ablehnten und dann doch mit Segel und Restwirkung des Motors den Hafen erreichten. Gestern war dann der Tag gekommen, an welchem ich das Cap la Hague umrunden wollte. Die Voraussetzungen waren denkbar günstig, erstens herrschte Nippzeit, das heisst, dass bei Halbmond der Tidenhub und damit die Strömungen nicht so heftig sind, zweitens war Wind aus Nordwest angekündigt, also. in Fahrt- und Stromrichtung. Was ich dann erlebte, war alles andere als gemütlich. Im berüchtigten Raz Blanchard erfasste mich eine heftigste Strömung von schräg hinten, der Wind blies aus West, und ich hatte grösste Mühe, den Kurs zu halten. Zeitweise steuerte ich bei einem Kartenkurs von 234° volle 330°, also entgegen der Fahrtrichtung,  die Strömung schob mich derart nach Süden. Trotzdem machte ich noch gegen sieben Knoten Fahrt über Grund. Rekord waren 11.2 Knoten Fahrt über Grund bei etwa 3 Knoten durchs Wasser. Wüste Wirbel zwangen mich oder den Autopiloten zu dauernden Kurswechseln. Dazu kam ein dichter Nebel mit Sichtweiten von kaum 20-30 m. Nach etwa einer Stunde war der Spuk vorbei und ich konnte den ursprünglich gewählten Kurs wieder einnehmen. Der Nebel blieb aber bis kurz vor Guernsey dicht, erst eine Stunde vor Einlaufen machte er strahlender Sonne Platz. Ich legte den Weg von 45 Seemeilen in 8 Stunden zurück, davon 30 Seemeilen in 4 Stunden! Etwa 10 Seemeilen wurde ich durch den Strom geschoben, dies, obwohl die letzten zwei Stunden gegen die Strömung bewältigt werden mussten. Heute nun machte ich der Insel einen Besuch und wanderte 6 Stunden entlang der Südküste auf einem abwechslungsreichen Wanderweg hoch über den Klippen. Morgen ist Grosses Fest in der Stadt, aus Anlass des 60-Jahr-Thronjubiläums der Queen. Sie regiert also so lange schon, wie ich lebe!

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