Sonntag, 20. Mai 2012

Gravelines, 19.5.2012.  Nun habe ich schon 4 Tage auf dem Meer geschafft. Heute war Motoren angesagt, da ich den Wind direkt von vorne hatte, es war aber nur eine kurze Strecke von 14 Meilen von Dunkerque bis hier nach Gravelines. Gravelines ist eine alte Festungsstadt und durch einen Kanal mit dem Meer verbunden. Ebbe und Flut macht sich nun schon stark bemerkbar, der Hafen ist nur noch bei Hochwasser zugänglich, dafür sind die Boote vor dem Trockenfallen durch eine Schwelle geschützt. Gewissermassen befinde ich mich aktuell in einer Grossen Badewanne. Die Geschichte ist hier allgegenwärtig. Während Gravelines vor allem an die Eroberungsfeldzüge der französischen Könige (Louis 14) erinnert ( wir denken an die Landsknechtlieder: in Flandern reitet der Tod...), war Dünkirchen der Ort, wo die geschlagenen britischen Truppen sich unter Zurücklassen der ganzen Ausrüstung zum Teil mit Fischer- und Sportbooten im  Frühsommer 1940 über den Kanal retteten. Glorreicher war der Küstenabschnitt, welchen ich nächste Woche erreichen werde, die normannische Küste. Hier landeten am 6. Juni 1944 die Alliierten und meisterten damit eine der grössten logistischen Aufgabe der modernen Kriegsgeschichte. Traurig stimmen die Totentafeln im Zentrum der Ortschaften. Besonders hoch war der Tribut des ersten Weltkriegs mit mindestens 50 Toten. Mort pour la France, heisst es, besser würde man sagen, gestorben wegen hirnwütigen Generälen. Die Blüte der jungen Männer wurde dahingerafft im Fleischwolf der Schützengräben.
Nun aber zurück zu den letzten Tagen. Ich habe am Montag tatsächlich unsere Belgischen Freunde besucht, allerdings nicht mit einem Mietauto, da ich keines auftreiben konnte, sondern mit dem Zug. Eine Reise je Weg von 4.5 Stunden über Rosendaal und Brüssel. wir verbrachten einen Frühlingsabend in einer Gartenwirtschaft in einem Flusstal ausserhalb von Lüttich. Ich erlebte einen überaus herzlichen Empfang, trotz meiner so kurzfristigen  Anmeldung. Es waren auch fast alle hier, das heisst vier Generationen. Ich übernachtete in Lüttich und nahm den Zug um 11 h zurück. In Brüssel blieb ich stecken, da wegen eines Zugsunglücks in Rosendaal keine Züge nach Holland verkehrten. so machte ich dieser Stadt bei nasskaltem Wetter einen Kurzbesuch und fuhr dann nach drei Stunden bis Antwerpen weiter, wo ich wieder stecken blieb. Ausser nassen Füssen hat mir diese Stadt allerdings nicht viel geboten. Um 18 h war ich schlussendlich doch am Ziel und verbrachte den Abend in der Marina bei Austern und Meerfisch und einer gemütlichen Runde mit dem Wirteehepaar und zwei weiteren Gästen. Am nächsten Tag hatte das Wetter überraschend aufgeklärt und ich konnte bei 5 Bf mit gerefftem Tuch Kurs West nehmen. Das Boot hat den ersten Härtetest auf dem Meer bestens bestanden. Der erste Hafen war Blankenberge, etwas weiter als Zeebrugge, ein typischer Touristenort. Die belgische Küste besteht fast geschlossen aus mehrstöckigen Ferienhausüberbauungen, kein wirklich schöner Anblick, der nur von Häfen und Fabrikschloten unterbrochen wird. Auch den nächsten Industriehafen, Ostende, überhüpfte ich und fand in Nieuwport Unterschlupf in einer riesigen Marina. Ein Hafenmeister war nicht zu finden, aber ein freundliches Ehepaar half mir aus der Patsche. Am Stammtisch im Clubhaus machter ich mit drei Belgiern Bekanntschaft und verbrachte ein gemütliches Nachtessen mit ihnen. sie begleiteten mich auch zum Boot zurück und waren begeistert von meinem Projekt. Der nächste Hafen war Dünkirchen, wo ich noch am Steg von Dauerliegern begrüsst wurde. Einer von ihnen hat mich in sein Ferienhaus in Südfrankreich eingeladen. Ich denke allerdings nicht, dass es dazu reichen wird, da es deutlich weg von meiner Route Richtung Italien liegt. Er hat auch meine Abfahrt aus dem Hafen photographiert, vielleicht sendet er sie per Mail, dann kann man diese auf dem Blog bewundern. Nun also sitze ich hier bei einem Glas Gin Toni und hoffe, dass diese Nachricht den Weg in den Blog finden wird. Ich habe hier keinen WiFi- Empfang, Photos folgen deshalb irgend einmal später.

1 Kommentar:

  1. In der Normandie kann ich dir St.-Vaast-la-Hogue empfehlen, welches berühmt für seine Austernfarmen ist. Marina mit Schleuse, was die Einfahrt bei Hochwasser +/-5h erlaubt, und ein herziges Altstättchen.
    Gruss, Roland

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